Jamaika an der Saar

Veröffentlicht am 14.10.2009 in Landespolitik

Jamaika: Inselstaat in der Karibik, 2,8 Millionen Einwohner, tropisches Klima, ca. 2,6 Millionen Touristen im Jahr, Nationalfarben:
Schwarz-Gelb-Grün; soweit die maßgeblichen Lexikoneinträge, welche mit
diesem Namen verbunden sind. Jamaika steht zur Zeit aber auch für eine
Politposse, welche sich gerade bei unseren saarländischen Nachbarn abspielt.

Die Landtagswahl vom 30.08.2009 hat die politische Landschaft an der Saar
gehörig durcheinander gewirbelt. Kurioserweise fällt der kleinsten im Landtag vertretenen Gruppierung, den "Grünen" mit nunmehr 5,9 % der Wählerstimmen die Rolle des Königsmachers im Saarland zu. Die beiden, wenn man es so nennen mag, politischen Blöcke im Saarland, gebildet auf der einen Seite durch CDU und FDP und auf der anderen Seite durch SPD und "Linke" stehen beide als Koalitionspartner zur Verfügung. Nach mehreren Runden von
Sondierungsgesprächen platzte nun die Bombe; die Grünen nahmen
Koalitionsverhandlungen mit dem CDU/FDP-Block auf. Wie konnte dies passieren? Warum ist es passiert? Die Fragen sind nicht einfach zu beantworten; hier unsere Sicht der Dinge:
Die Hauptakteure hierbei waren ein mit allen Mitteln um den Machterhalt
kämpfender Ministerpräsident Peter Müller, ein von vorne herein auf Schwarz-Gelb-Grün fixierter Landeschef der Grünen, Hubert Ulrich, der nur auf einen Grund wartete, die Rot-Rot-Grünen Verhandlungen zu torpedieren, einen Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine, der Ulrich nur allzu bereitwillig, von persönlichem Hass auf die SPD getrieben, diesen Grund lieferte und ein engagierter und motivierter Saar-SPD-Vorsitzender Heiko Maas, der diesem Intrigantenstadel zum Opfer fiel.
Nach dem Wahlabend war für viele die Amtszeit Peter Müllers bereits
abgelaufen, obwohl manch einer, der sich nicht von der damals vorherrschenden Euphorie anstecken ließ, leise Zweifel daran äußerte. So kam es dann auch. Wie beim bösen Wolf, der Kreide gefressen hatte, änderten sich nun die verbale Rhetorik und die politischen Aussagen Müllers vom einen auf den anderen Tag. Vorher unverhandelbare Positionen wie z.B. Studiengebühren, Schulschließungen und Schulreform oder der Finanzvorbehalt
bei Volksbegehren wurden schon in den Sondierungen aufgegeben; allen
bisherigen Aussagen entgegen wandelte sich der Ministerpräsident vom
Bannerträger der Atomlobby zum erzgrünen Atomkraftwerksgegner. Nach diesen
Koalitionsverhandlungen wird man sich verwundert die Augen reiben, was noch
alles auf dem Altar des persönlichen Machterhalts von der Müller-CDU geopfert wird.
Wenn man den Verlauf der Sondierungsgespräche der Saar-Grünen im Rückblick
bewertet, so darf man durchaus die Vermutung haben, dass eine Rot-Rot-Grüne
Regierung, und damit eine entscheidende Kursänderung der neoliberalen Politik Müllers, nie beabsichtigt war. Entscheidend hierfür waren persönliche Animositäten hinsichtlich des Wechsels prominenter ehemaliger Grünen-Politiker zur Partei der Linken, die Person Oskar Lafontaines und insbesondere die Präferenz Hubert Ulrichs für das konservative Lager. Alle geführten Verhandlungen mit der SPD erscheinen im nach hinein nur als Fassade, als Rechtfertigungsgrund und als Beruhigungsplacebo für kritische Parteimitglieder. Forderungen der Grünen wurden in einem derart exzessiven Umfang erhoben, dass eine Ablehnung zwangsläufig erfolgen musste. Den alles entscheidenden Grund lieferte natürlich Oscar Lafontaine mit seiner Ankündigung, sich bundespolitisch zurückzunehmen und sich wieder stärker im Saarland zu engagieren. Diese Aussage zwei Tage vor dem Landessonderparteitag der Grünen, bei dem um die Koalitionsaussage ging, war der definitive Todesstoß für Rot-Rot-Grün.
Die Tatsache, dass Lafontaine jegliche beabsichtigte Verhinderung von
Rot-Rot-Grün abstreitet, kann bei jedem der das politische Geschehen
beobachtet, nur ein müdes Lächeln hervorrufen. Ein Politprofi wie er, wusste durchaus, was seine Worte in diesem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang auslösen würden. Dies war nach unserer Auffassung eine beabsichtigte, böswillige von persönlichen Motiven getriebene Sabotage einer SPD-geführten Landesregierung an der Saar.
Eine mögliche Regierungsbeteiligung der eigenen Partei wurde verhindert, nur um den weit größeren Prestigegewinn einer SPD mit einem SPD-Ministerpräsidenten mit zu verhindern. Dies sollten durchaus auch die
Parteigänger der Linken überdenken falls sie ihre "Oskar"-gefärbte Brille mal absetzen.
Leidtragender dieser ganzen Geschichte ist die SPD als Partei, Heiko Maas
als deren Vorsitzender und als Mensch, und letztendlich die Menschen im
Saarland, die mehrheitlich diesen Wechsel wollten und nun so bitter enttäuscht werden. Die Entscheidung von Heiko Maas, trotz dieser großen politischen und menschlichen Enttäuschung, nicht von seinen Ämtern zurückzutreten, sondern als Oppositionsführer den Saarländern eine Alternative zu bieten, verdient größten Respekt.
Ähnlich wie auch die Bundes-SPD muss sich die Sozialdemokratie im Saarland
neu aufstellen, sich und ihren Grundsätzen treu bleiben, programmatisch
weiterentwickeln und sich den Menschen als das darstellen was sie ist: Das
Original einer Partei der Arbeitnehmer und nicht deren schlecht kopiertes
Plagiat.
Es darf gehofft werden, dass diese Koalition der Beliebigkeit und
Selbstgefälligkeit die Legislaturperiode nicht übersteht; ihre Fundamente
stehen im Treibsand.....

 

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